Der Traum von der Reise zum Mars beflügelt die Menschheit seit Jahrzehnten. Doch während Science-Fiction-Filme oft den Eindruck einer schnellen und unkomplizierten Reise vermitteln, ist die Realität weitaus komplexer. Ein Flug zum Mars ist keine kurze Spritztour, sondern eine sorgfältig geplante Expedition, deren Dauer von einer Vielzahl physikalischer und technischer Faktoren abhängt. Die Zeitspanne für eine solche Mission kann erheblich variieren, typischerweise zwischen sechs Monaten und über einem Jahr für die reine Hinreise.
Die Himmelsmechanik bestimmt den Fahrplan
Die Dauer eines Fluges zum Mars wird primär von der Himmelsmechanik bestimmt, genauer gesagt von der relativen Position von Erde und Mars zueinander. Beide Planeten bewegen sich auf elliptischen Bahnen um die Sonne, allerdings mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Umlaufzeiten. Die Erde benötigt etwa 365 Tage für eine Sonnenumrundung, der Mars hingegen rund 687 Tage. Das bedeutet, dass Erde und Mars nur etwa alle 26 Monate in einer optimalen Konstellation zueinander stehen, die eine energieeffiziente Reise ermöglicht. Diese Zeitfenster, bekannt als Startfenster, sind entscheidend für die Missionsplanung.
Das bevorzugte Reisekonzept ist die sogenannte Hohmann-Transferbahn. Dies ist eine elliptische Flugbahn, die tangential an die Umlaufbahn des Startplaneten (Erde) ansetzt und tangential die Umlaufbahn des Zielplaneten (Mars) schneidet. Diese Bahn ist die energieeffizienteste Methode, um zwischen zwei Planeten zu reisen. Der Haken: Eine Hohmann-Transferbahn zum Mars dauert typischerweise etwa acht bis neun Monate für die reine Flugzeit.
Faktoren, die die Flugdauer beeinflussen
Neben der Hohmann-Transferbahn gibt es weitere Faktoren und alternative Strategien, die die Dauer einer Marsreise beeinflussen können:
- Energieverbrauch und Treibstoff: Eine schnellere Reise erfordert in der Regel mehr Energie und somit mehr Treibstoff. Da Treibstoffmasse ein limitierender Faktor bei Raketenstarts ist, wird oft ein Kompromiss zwischen Flugdauer und Treibstoffverbrauch eingegangen. Die Hohmann-Transferbahn ist zwar die energieeffizienteste, aber nicht die schnellste.
- Antriebstechnologie: Aktuelle Marsmissionen verlassen sich hauptsächlich auf chemische Raketenantriebe. Fortschrittlichere Antriebssysteme wie elektrische (ionische) Antriebe oder gar zukünftige nukleare Antriebe könnten die Reisezeiten erheblich verkürzen.
- Chemische Antriebe: Diese sind bewährt, aber relativ ineffizient in Bezug auf den spezifischen Impuls (Verhältnis von Schubkraft zu Treibstoffverbrauch). Sie bieten hohen Schub für kurze Zeit.
- Elektrische/Ionische Antriebe: Diese erzeugen einen viel geringeren Schub, aber über sehr lange Zeiträume und mit extrem hoher Effizienz beim Treibstoffverbrauch. Dies würde zwar die Reisezeit für die reine Flugphase verkürzen, aber die Beschleunigungsphase wäre viel länger. Insgesamt könnte dies zu ähnlichen oder sogar längeren Gesamtflugzeiten führen, aber mit deutlich weniger Treibstoffmasse. Für bemannte Missionen ist der geringe Schub aktuell noch eine Herausforderung.
- Nukleare Antriebe: Konzepte wie der nuklear-thermische Antrieb (NTP) könnten wesentlich höhere spezifische Impulse als chemische Antriebe bieten und die Reisezeiten zum Mars auf etwa drei bis vier Monate reduzieren. Diese Technologie befindet sich jedoch noch in der Entwicklung und birgt politische sowie technische Herausforderungen.
- Direkte Bahnen und schnelle Flüge: Es ist theoretisch möglich, den Mars auf einer schnelleren, direkteren Flugbahn zu erreichen, die nicht auf das exakte Hohmann-Transferfenster optimiert ist. Solche „schnellen“ Bahnen würden die Flugzeit auf etwa fünf bis sechs Monate reduzieren. Dies geht jedoch mit einem drastisch erhöhten Treibstoffverbrauch einher und ist daher für die meisten unbemannten Missionen, die auf Kosteneffizienz und Nutzlastoptimierung ausgelegt sind, selten die erste Wahl. Für bemannte Missionen könnte die Verkürzung der Reisezeit jedoch Priorität haben, um die Exposition der Astronauten gegenüber Weltraumstrahlung zu minimieren und psychologische Herausforderungen zu reduzieren.
- Missionstyp und Nutzlast: Unbemannte Sonden können längere Reisezeiten in Kauf nehmen, da sie keine Lebenserhaltungssysteme oder menschliche Bedürfnisse berücksichtigen müssen. Bei bemannten Missionen spielen Aspekte wie die Versorgung mit Nahrung, Wasser, Sauerstoff und der Schutz vor Weltraumstrahlung eine entscheidende Rolle, was eine kürzere Flugzeit wünschenswert macht.
Die Rückreise und die Gesamtmissionsdauer
Ein oft übersehener Aspekt ist die Rückreise. Eine Marsmission ist keine Einbahnstraße (zumindest noch nicht für menschliche Besatzungen). Nach der Ankunft auf dem Mars müssen die Astronauten warten, bis sich Erde und Mars erneut in einer günstigen Konstellation für die Rückreise befinden. Dies kann eine Wartezeit von mehreren Monaten, oft sogar über einem Jahr, auf dem Mars bedeuten.
Eine typische bemannte Marsmission, die eine Hohmann-Transferbahn nutzt, könnte somit wie folgt aussehen:
- Hinreise: 8-9 Monate
- Aufenthalt auf dem Mars: 6-12 Monate (bis zum nächsten optimalen Startfenster für die Rückreise)
- Rückreise: 8-9 Monate
Dies summiert sich zu einer Gesamtmissionsdauer von rund 1,5 bis 2,5 Jahren. Eine solche lange Abwesenheit von der Erde stellt enorme Herausforderungen an die Psyche und Physiologie der Astronauten, die Technik und die Logistik.
Aktuelle und zukünftige Missionen
Die bisherigen unbemannten Missionen zum Mars, wie die Mars Rovers (Spirit, Opportunity, Curiosity, Perseverance) oder Lander (InSight), haben Flugzeiten von sechs bis neun Monaten gehabt. Die Dauer hing oft von der spezifischen Konstellation und der gewählten Flugbahn ab.
Organisationen wie die NASA und SpaceX arbeiten intensiv an der Entwicklung von Technologien, die eine bemannte Marsreise ermöglichen sollen. Dabei wird auch an Methoden zur Verkürzung der Reisezeit geforscht:
- „Opposition-Kopplung“ versus „Konjunktions-Kopplung“: Die Hohmann-Transferbahn ist eine Konjunktions-Kopplung, die auf lange Aufenthalte ausgelegt ist. Eine schnellere, aber treibstoffintensivere „Opposition-Kopplung“ könnte die Gesamtreisezeit verkürzen, erfordert aber einen längeren Aufenthalt auf dem Mars und einen größeren Startschub.
- In-situ-Ressourcennutzung (ISRU): Die Fähigkeit, Ressourcen auf dem Mars (z.B. Wasserstoff oder Sauerstoff aus Marsatmosphäre oder Eis) zu gewinnen und daraus Treibstoff für die Rückreise herzustellen, könnte die benötigte Startmasse von der Erde drastisch reduzieren und somit flexiblere und schnellere Flugbahnen ermöglichen.
- Entwicklung neuer Antriebe: Wie bereits erwähnt, sind nuklear-thermische Antriebe ein vielversprechender Weg, um die Reisezeit erheblich zu verkürzen. Auch Konzepte wie Ionenantriebe für den Frachttransport oder gar noch futuristischere Ideen wie Solar- oder Lasersegel werden erforscht, auch wenn diese für bemannte Kurzstreckenmissionen noch weit entfernt sind.
Herausforderungen jenseits der Flugdauer
Die reine Flugdauer ist nur ein Teil der Gleichung. Eine Marsreise birgt weitere immense Herausforderungen:
- Strahlung: Im interplanetaren Raum sind Astronauten der schädlichen kosmischen Strahlung und Sonnenpartikelereignissen ausgesetzt. Eine kürzere Reisezeit reduziert die akkumulierte Dosis, aber umfassender Strahlenschutz ist unerlässlich.
- Psychologische Aspekte: Monatelange Isolation in einem engen Raum, weit entfernt von der Erde, kann immense psychologische Belastungen mit sich bringen.
- Schwerelosigkeit: Die Auswirkungen längerer Schwerelosigkeit auf den menschlichen Körper (Knochenschwund, Muskelschwund, Herz-Kreislauf-Probleme) sind bekannt und erfordern Gegenmaßnahmen wie regelmäßiges Training.
- Landung auf dem Mars: Die Landung großer Nutzlasten auf dem Mars ist extrem komplex und risikoreich. Die Marsatmosphäre ist zu dünn für eine effektive Aerobraking wie auf der Erde, aber dicht genug, um bei hoher Geschwindigkeit problematisch zu sein.
Fazit
Ein Flug zum Mars ist eine enorme technische und menschliche Herausforderung. Die reine Reisezeit zum Roten Planeten beträgt unter optimalen Bedingungen und Nutzung der energieeffizientesten Bahnen etwa sechs bis neun Monate. Berücksichtigt man die notwendige Wartezeit für die Rückreise, beläuft sich die gesamte Mission für Menschen auf anderthalb bis zweieinhalb Jahre. Zukünftige Antriebstechnologien und innovative Missionsstrategien könnten diese Zeiten potenziell verkürzen, doch der Mars bleibt eine entfernte und anspruchsvolle Destination, die den vollen Einsatz menschlichen Erfindungsreichtums erfordert.
Weiterführende Links
- NASA: Journey to Mars: https://www.nasa.gov/specials/journeytomars/ (Englisch)
- ESA: Mars Exploration: https://www.esa.int/Science_Exploration/Human_and_Robotic_Exploration/Exploration/ExoMars (Englisch)
- SpaceX: Mars: https://www.spacex.com/humans/ (Englisch)
- Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) – Marsforschung: https://www.dlr.de/me/desktopdefault.aspx/tabid-1755/2397_read-5407/ (Deutsch)